Windhund und Freilauf

Können Windhunde ohne Leine laufen?

Text: Brigitta Bürger

Dies ist eine der ersten Fragen, die sich einem Interessenten der Windhundrassen stellt. Und sie ist ganz eindeutig mit einem “es kommt darauf an” zu beantworten.

Windhunde wollen rennen und sie benötigen ihren Freilauf. Ohne werden sie nicht glücklich sein. Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten einem Windhund seinen artgerechten Freilauf zu gönnen. Aber ist es möglich, einen Windhund auf einem Spaziergang frei und ohne Leine rennen zu lassen?

Windhund ist nicht gleich Windhund!

Zunächst einmal muss hier unterschieden werden zwischen den verschiedenen Windhundrassen. Die mitteleuropäischen Windhundrassen wie Whippet und Greyhound, aber auch das italienische Windspiel und der Silken Windsprite, beschäftigen sich auch außerhalb des heimischen Sofas gern mit ihren Menschen. Der Galgo Español zieht eher schon größere Kreise,

Windhunde im Freilauf

Whippet und Silken Windsprite kurzhaar im Freilauf Copyright Jürgen Bürger

während Mitglieder der mediterranen und orientalischen Rassen die Anwesenheit von Personen mehr oder weniger wohlwollend zur Kenntnis nehmen.

Erstere jagten ursprünglich eher mit ihren Menschen, letztere zwar für ihre Menschen, aber weitgehend außerhalb ihres Einflussbereichs.

So ist auch das Verhalten in freier Natur sehr unterschiedlich. Wo die einen sich bei entsprechender Bindung selbständig an ihren Menschen orientieren, sind die anderen unablässig damit beschäftigt, das Gelände zu sondieren und nach jagbarer Beute abzusuchen. Oder sie suchen und finden mit tiefer oder hoher Nase jede feinste Duftspur. Wenn der Sprinter nach wenigen Sekunden bereits an Geschwindigkeit verliert, ist der Langstreckenläufer nach 10 Minuten gerade mal warmgelaufen. Sollte ein Whippet einmal einer Beute nachjagen, ist er nach wenigen Minuten zurück, ein Afghane oder Podenco kommt vielleicht nach 3 Stunden wieder – wenn überhaupt.

Ein freilaufender Windhund läuft daher immer Gefahr, sich oder andere zu verletzen.

Eine Straße in 1000m Entfernung ist in einer Minute erreicht, Hindernisse oder Bodenunebenheiten können zu gefährlichen Stürzen führen. Nicht zuletzt ist das Hetzen von Wildtieren verboten und muss daher unter allen möglichen Umständen verhindert werden.

Ist es überhaupt zu verantworten, einen Windhund frei laufen zu lassen?

Das ist im Wesentlichen von zwei Punkten abhängig:
  • dem Hund
  • und dem Gelände
Windhunde im Freilauf

Greyhounds und Whippets im Freilauf Copyright.: Jürgen Bürger

Kaum ein Windhund wird abrufbar sein, wenn ihm Wild direkt vor die Nase springt. Freilauf ist daher nur an Orten möglich, wo das mit höchster Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist. Gebiete mit hoher Wildpopulation scheiden daher als Freilaufgebiet grundsätzlich aus. Dass der Hund nicht jagt, sollte man auch nicht erwarten. Auch wenn manche Züchter das behaupten ist Vorsicht geboten. Ja, es gibt Windhunde, die gar nicht jagen. Sie sind aber eine extreme Ausnahme und aus Sicht der Gesunderhaltung der Rassen auch nicht wünschenswert. Windhunde die nicht jagen, werden im Laufe der Generationen auch ihre anderen Windhundeigenschaften verlieren. Wer einen sicher nicht jagenden Hund sucht, ist vielleicht mit einem Gesellschaftshund besser bedient.

Ist ein Freilauf trotz Jagdtrieb möglich?

Wenn der Jagdtrieb sich auf das hetzen wollen sichtbaren Wildes beschränkt, ist er ganz gut dadurch zu beherrschen, dass verhindert wird, dass der Hund Wild sieht. Was er nicht sieht, kann er nicht hetzen. Wenn der Hund aktiv stöbert und zudem seine Nase benutzt, ist es weitaus schwieriger, Wildkontakt zu verhindern. In dem Fall ist ein sicher eingezäunter Auslauf die bessere Alternative,
Windhunde im Freilauf

Greyhound, Whippets und Silken Windhound Junghunde im Freilauf Copyright: Jürgen Bürger

auch wenn sich nicht jedes Wild an das Betretungsverbot hält, so dass Unfälle auch hier nicht ganz ausgeschlossen werden können. Und selbst wenn das Gelände geeignet, der Hund ein reiner Sichtjäger und zudem gut erzogen ist, kann man nicht entspannt durch die Gegend schlendern und den Hund seinem Freizeitvergnügen überlassen. Vielmehr ist jederzeit mit echter oder vermeintlicher Beute zu rechnen, so dass man immer bereit sein muss, den Hund innerhalb von Sekunden heranzurufen und anzuleinen. Daher ist es hilfreich, den Hund beim Spaziergang immer wieder an sich zu binden, indem man mit ihm gemeinsam  einen Spaziergang unternimmt und nicht nur zufällig denselben Weg benutzt. Gemeinsame Spiele und Übungen fördern die Bindung und helfen im entscheidenden Moment, das Wild die eine Sekunde vor dem Hund zu sehen und ihn so lange davon abzulenken, bis man ihn angeleint hat.

Gemeinsame Freude ist doppelte Freude

Gemeinsame Spaziergänge mit anderen Windhunden bieten den Hunden die Möglichkeit mit Ihresgleichen zu laufen. Die meisten Windhunde bevorzugen gleichartige Spielpartner, mit denen sie nach Herzenslust rennen und toben können. Doch ist auch hier Vorsicht geboten. Nur zu schnell wird aus den Spielfreunden ein hochst effektives Jagdgeschwader, welches sich jeglicher passenden “Beute”, z.B. in Form fremder Hunde, annimmt. Das kann nicht nur im Freilauf passieren, sondern besonders auch in Windhundausläufen, wo die Hunde nicht nur sich untereinander sondern auch das Gelände gut kennen und Neuankömmlinge oft gnadenlos gemobbt werden. Dabei liegt es an den anwesenden Menschen diese Verhalten zu erkennen und sofort zu unterbinden, da auch hier bereits nach wenigen Sekunden ein Eingreifen kaum noch möglich ist.
Windhunde im Freilauf

Barsoi, Silken Windsprites, Silken Windhound und Whippets im Freilauf Copyright: Jürgen Bürger